Intern
Fakultät für Humanwissenschaften

Neue Stellen für die Sonderpädagogik

02.02.2007

Am Ende machten die Studierenden etliche Sektflaschen auf. Sie hatten einen Erfolg zu feiern am Wittelsbacherplatz: Zwei zusätzliche Personalstellen bekommt die Sonderpädagogik ab dem Sommersemester, um die angespannte Situation im Lehrbetrieb zu entschärfen.

Nach dem Gespräch, vor dem Sekt: Studierende der Sonderpädagogik mit Minister Thomas Goppel und Unipräsident Axel Haase im Hörsaal am Wittelsbacherplatz. Die Studierenden (von rechts): Magdalena Rönsch, Wolfgang Schwingenheuer, Matthias Grünbauer und Foto: Robert Emmerich

Wie es in ihren Seminaren zugeht, hatten fünf Vertreter der Fachschaftsinitiative zuvor in einer Gesprächsrunde mit Wissenschaftsminister Thomas Goppel geschildert. Hundert und mehr Studierende sitzen da in der Regel in Seminaren, die eigentlich nur 20 oder 30 Teilnehmer vertragen würden. Das Resultat: Referate können nur fünf Minuten dauern, die Diskussionen darüber fallen viel zu knapp aus. Echtes wissenschaftliches Arbeiten sei unter diesen Bedingungen nicht möglich.

Die Alternative sieht nicht besser aus: Zu Seminaren werden nur 40 Teilnehmer zugelassen, der Rest auf das kommende Semester vertröstet. So spitzt sich die Lage immer mehr zu. „Interne Stellenumschichtungen sind keine Lösung, weil es in allen fünf Fachrichtungen überfüllt ist. Neue Stellen von außen sind nötig, um die Grundversorgung zu gewährleisten“, klagten die Studierenden. Durch die Überlast hätten die Professoren auch zu wenig Zeit für die Forschung. So sei nicht nur die Qualität der Lehre gefährdet.

Die fünf Professoren der Sonderpädagogik betreuen derzeit fast 1.100 Lehrämtler, alles in allem aber rund 1.400 Studierende – denn auch Diplom- und Magisterkandidaten aus der Pädagogik kommen in ihre Lehrveranstaltungen. In diesem Semester hat sich die Situation noch einmal weiter verschärft – unter anderem deshalb, weil Dozent Erwin Breitenbach dem Ruf auf eine Professur an der Humboldt-Uni in Berlin folgte. Wie üblich ist diese Stelle jetzt für ein halbes Jahr gesperrt.

Für die Studierenden war damit das Maß voll. Jennifer Kirchhoff, Wolfgang Schwingenheuer, Susanne Kunz, Magdalena Rönsch, Matthias Grünbauer und ihre Kommilitonen von der Fachschaftsinitiative wurden aktiv. In Briefen ans Ministerium, an ihre Professoren, an die Hochschulleitung und andere Adressaten beschwerten sie sich über die Zustände in der Sonderpädagogik.

Zwei Gesprächstermine bei Unipräsident Axel Haase folgten. „Er hat sich sehr für unsere Lage interessiert und uns genau erklären lassen, wie die Dinge hier am Institut liegen“, so die Studierenden. Dann wurde die Presse aufmerksam, die Süddeutsche Zeitung griff das Thema groß auf. Im Hintergrund verhandelte die Hochschulleitung mit dem Ministerium. Richtig spannend wurde die Geschichte für die Studierenden schließlich, als Haase sie anrief und den Besuch des Ministers ankündigte.

Gestern nun kam Thomas Goppel mit dem für die Universität zuständigen Referenten Werner Schiedermair nach Würzburg. Im Sitzungszimmer der Fakultät am Wittelsbacherplatz hörte er die Studierenden und ihre Professoren Erhard Fischer, Detlef Hansen, Reinhard Lelgemann, Roland Stein und Monika Vernooij an. „Ich gehe heute nur mit einer Lösung in der Tasche nach Hause“, hatte er Minister schon zuvor angekündigt.

Sonderpädagogik muss sich neu organisieren

Und so sieht die Lösung aus: Die Sonderpädagogik bekommt mit Laufzeit ab 1. April zwei zusätzliche Stellen, befristet auf zwei Jahre. 100.000 Euro pro Jahr stellt das Ministerium dafür zur Verfügung. Wie viel und welches Personal für das Geld eingestellt wird, bleibt dem Institut überlassen.

Allerdings fließt das Geld nur dann, wenn sich das Institut schnell und auf Dauer eine neue Struktur gibt: Alle Finanzmittel, Stellen und weiteren Ressourcen sollen künftig nicht mehr den Lehrstühlen zugeordnet sein, sondern in einen gemeinsamen Topf wandern. Über die Verwendung der Mittel müssen die Wissenschaftler gemeinsam entscheiden. Dass die Studierenden an der Entwicklung der neuen Struktur beteiligt werden, war der ausdrückliche Wunsch des Ministers.

Goppel zufolge sind die zwei befristeten Personalstellen als Entlastung für die Zeit gedacht, in der das Institut seine neue Konzeption umsetzt. Auch Präsident Haase drängte auf die veränderte Institutsstruktur, die zum Beispiel im Wissenschaftsbetrieb der USA unter dem Namen „Department“ gang und gäbe ist. Den Prozess der Konzeptfindung in der Sonderpädagogik wird Uni-Vizepräsident Wolfgang Schneider als Moderator begleiten.

Reinhard Lelgemann, geschäftsführender Vorstand des Instituts für Sonderpädagogik, dankte dem Minister für das großzügige Angebot und zeigte sich mit der Lösung sehr zufrieden. Mehr als zufrieden waren auch die Studierenden. Sie wirkten am Ende des Gesprächs, als hätten sie soeben Weihnachten und Ostern zugleich erlebt. Dass die Lösung des Problems vor allem dem Engagement der Studierenden zu verdanken sei, hatten zuvor sowohl der Unipräsident als auch der Minister betont.

Kein Wunder, dass die angehenden Sonderpädagogen da gerne noch ein Erinnerungsfoto machen wollten, zusammen mit dem Minister im Hörsaal. Auch kein Wunder, dass sie am Ende auf dem Parkplatz standen und dem Minister und dem Präsidenten bei der Abfahrt hinterher winkten. In Zeiten der Einführung von Studienbeiträgen dürfte der Minister derart herzliche Gesten von Studierenden in jüngster Zeit eher selten erlebt haben.

Von Roland Marx

Zurück