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Fakultät für Humanwissenschaften

Jugendliche brauchen Perspektiven

01.03.2022

Die Belastungen für Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler sind enorm: So lautete das Fazit beim 12. Jahresforum Realschule – einem Fortbildungsangebot der Professional School of Education – zu den Folgen der Corona-Pandemie.

Schule ist ein zentraler Ort der Begegnungen. Die Möglichkeiten dazu müssen gerade unter Corona-Bedingungen aufgebaut und erprobt werden.
Schule ist ein zentraler Ort der Begegnungen. Die Möglichkeiten dazu müssen gerade unter Corona-Bedingungen aufgebaut und erprobt werden. (Bild: Tina Heurich / PSE)

Unter Jugendlichen ist jeder achte der Meinung, dass er unter psychischen Problemen leidet, die einer Behandlung bedürfen. 20 Prozent der Kinder und 55,6 Prozent der Heranwachsenden leiden unter Schlafstörungen. 30 Prozent bezeichnen sich als dauerhaft nervös, reizbar und angespannt, etwa 27 Prozent sind dauerhaft müde, haben viele Sorgen und nicht genug Energie. 22 Prozent fühlen sich unglücklich, niedergeschlagen und traurig.

Große Sorgen um die Zukunft

Das ist das Ergebnis der repräsentativen Querschnitt-Studie CORABE, die an der Universität Bern vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie durchgeführt wurde. Ihre Ergebnisse stellte Ilona Nord, Inhaberin des Lehrstuhls für Evangelische Theologie mit dem Schwerpunkt der Religionspädagogik an der Universität Würzburg, beim diesjährigen Jahresforum Realschule vor. Der Titel ihres Vortrags lautete „Jugendliche brauchen Perspektiven“.

Wie schlecht es um die psychische Verfassung von Kindern und Jugendlichen durch die Restriktionen der Corona-Pandemie steht, zeigt nicht nur die CORABE-Studie. Wie Ilona Nord darstellte, kommt eine weitere Studie zu vergleichbaren Ergebnissen: COPSY 2020 ist bundesweit die erste und international eine der wenigen Längsschnittstudien, die vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf durchgeführt wurde. Über zwei Befragungszeiträume erhoben, zeigt sie, dass ein Drittel von mehr als 1000 befragten Kindern und Jugendliche sich große Sorgen um ihre Zukunft machen, dass sie Angst davor haben, ihre Freunde und Freundinnen zu verlieren, Dinge falsch zu machen, zu versagen.

Drei Perspektiven für die Schulen

Was tun, damit es Kindern und Jugendlichen wieder besser geht? Als Antwort auf diese Frage präsentierte Nord drei Thesen, wie Jugendlichen jetzt Perspektiven aufgezeigt werden können. Punkt 1: „Schule ist ein zentraler Ort der Begegnungen. Die Möglichkeiten, von (Welt)Beziehungen, die in der Schule angeboten werden können, müssen gerade jetzt aufgebaut und als veränderungsfähig erprobt werden“, so die Pädagogin.

Punkt 2: Die Pandemie habe die grundlegenden Ängste modernen Lebens allenfalls verschärft, nicht hervorgebracht. „Angst gehört unvermeidlich zum Leben“, so Nord. Die Geschichte und die Geschichten der Menschheit lassen ihren Worten nach immer neue Versuche erkennen, Angst zu bewältigen, zu vermindern, zu überwinden und zu binden.

Lehrkräfte sollten dementsprechend Zuversicht geben, aber auch Ängste der Jugendlichen, die eine existentielle Erfahrung darstellen, ernst nehmen. Verschiedene Angebote der Erlebnispädagogik wie der ästhetischen Bildung könnten Prozesse im Umgang mit existenzieller Angst anbahnen und begleiten, ohne jedoch die Kinder und Jugendlichen dabei zu überfordern.

Punkt 3: „Menschen müssen sich in der Welt einrichten und bereit zum Wandel sein“. Sich immer wieder aus der vermeintlichen Attraktivität dieser Weltdeutungen herauszuarbeiten, um für neue Perspektiven offen zu bleiben, werde zur „zentralen Lebensweisheit“.

Das Jahresforum Realschulen

Das Jahresforum Realschule ist die größte Fortbildungsveranstaltung, die vom Praktikumsamt der Ministerialbeauftragten-Dienststelle für Realschulen in Unterfranken in Kooperation mit der Universität Würzburg organisiert wird; verantwortlich dafür auf Seiten der Universität ist die Professional School of Education (PSE). 2022 fand es bereits zum zwölften Mal statt. Wegen der aktuellen Situation musste der traditionelle Austausch zwischen den Seminarlehrkräften und den Vertreterinnen und Vertretern der Fachdidaktiken und Erziehungswissenschaften online stattfinden. Mehr als 90 Lehrkräfte, Dozentinnen und Dozenten nahmen daran teil.

Auch in den Grußworten zu Beginn des Treffens nahm Corona eine zentrale Rolle ein. Sowohl Thomas Trefzger, Direktor der PSE, als auch der Ministerialbeauftragte Karlheinz Lamprecht betonten die große Bedeutung des Austausches und die Belastung für Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte in den zurückliegenden beinahe zwei Jahren der Corona-Pandemie. Trefzger hob in seinem Grußwort hervor, welche besondere Leistung Lehrkräfte im Distanz- und jetzt Präsenzunterricht erbringen müssen, und verband dies mit der Forderung nach einheitlichen Gehältern für Lehrkräfte aller Schularten.

Plattform für Austausch und Kooperation

An den Vortrag von Ilona Nord schloss sich eine angeregte Frage- und Diskussionsrunde an, bevor Silke Grafe als Sprecherin des Zentrums für digitales Lehren und Lernen (DigiLLabs) an der PSE zusammen mit Tina Heurich, Koordinatorin der DigiLLabs an der PSE, Andreas Preußer, Mitarbeiter am Lehrstuhl für Schulpädagogik, und Stefan Siller, Lehrstuhl für Mathematik V, in die DigiLLabs einführten. Abschließend fanden Fachgruppengespräche statt.

Zentrales Element des Jahresforums ist es, eine Plattform zum Austausch und zur Kooperation zwischen der ersten und zweiten Phase der Lehrerbildung zu bieten. Dieses Angebot ist nach Einschätzung von Yvonne Neumeier, der Leiterin des Praktikumsamtes für den Bereich der Realschulen in Unterfranken, und für Karlheinz Lamprecht „sehr gewinnbringend für Schule und Universität“ und in Bayern in dieser Form einmalig.

Zur Homepage der PSE

Von Matthias Erhardt / Professional School of Education

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